Projekt Beschreibung

Das Teekomplott

der 2. Fall für Büttner und Hasenkrug

teekomplott

Worum es geht

Das beschauliche ostfriesische Dorf Canhusen wird durch eine Mordserie aufgeschreckt. Kommissar David Büttner und sein Assistent Sebastian Hasenkrug stehen vor einem Rätsel: Warum mussten die Opfer sterben?

Und was hat es mit den Teebeuteln auf sich, die bei jedem der Opfer gefunden wurden? Haben diese Morde womöglich etwas mit dem Tod zweier junger Männer zu tun, die in der Nachkriegszeit auf mysteriöse Weise ums Leben kamen?
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Leseprobe

Jan Scherrmann betrat den nicht allzu ausladenden, aber an diesem heißen Sommertag angenehm kühlen Raum und wurde von den bereits anwesenden drei Personen herzlich begrüßt. „Moin, Jan“, rief ihm Lübbo Krayenborg entgegen und klopfte ihm, als Scherrmann sich neben ihn stellte, freundschaftlich auf die Schulter.

Der alte Herr hatte die Achtzig bereits überschritten, hielt sich aber, trotz eines Nierenleidens, rüstig auf den Beinen und leitete und koordinierte den Altherrenstammtisch seit dem ersten Tag seines Bestehens. Er war von eher kleiner, gedrungener Statur, erweckte durch sein selbstbewusstes Auftreten jedoch schnell den Eindruck nicht nur geistiger, sondern auch körperlicher Überlegenheit. Scherrmann war schnell klar gewesen, dass ohne Lübbo Krayenborg in Canhusen nichts lief. Viele nannten ihn scherzhaft Bürgermeister, obwohl Canhusen über einen solchen natürlich nicht wirklich verfügte. Der offizielle Bürgermeister saß in Hinte, akzeptierte aber von jeher die hervorgehobene Position seines heimlichen Rivalen. Nicht, weil er ihn besonders schätzte, sondern weil er es sich sonst mit allen Canhusern ganz schnell verscherzt hätte. Und dass er sich das als Politiker, der noch Karriere machen wollte, nicht erlauben konnte, erklärte sich ja von selbst.

 

Lübbo hatte seine Frau Fenna mitgebracht, die erst vor wenigen Tagen mit einem großen Fest ihren achtzigsten Geburtstag in eben diesem Gemeindehaus gefeiert hatte. Jan Scherrmann drückte Fenna die Hand und bemerkte, dass sie trotz der Hitze eiskalt war. Er sah der zierlichen Frau lächelnd in das von tiefen Falten durchfurchte Gesicht, und sie nickte ihm freundlich zu, wobei sie sich allerdings leicht zur Seite drehte, wohl um den Bluterguss, der auf ihrer rechten Wange prangte, zu verstecken.
„Das sieht aber nicht gut aus“, bemerkte Scherrmann dennoch und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an.
„Och, Fenna ist mal wieder ein bisschen trottelig gewesen“, bemerkte Lübbo und schlang grinsend den Arm um die Hüfte seiner Frau. „Hat sich an der Tür vom Küchenschrank gestoßen. Ich hatte ihr ja vorher gesagt, sie solle sie lieber wieder zumachen, nicht dass sie sich stößt beim Geschirrspüler ausräumen. Aber, nun ja, sie wollte ja nicht auf mich hören.“
„Ja“, pflichtete ihm nun sein Freund Johann Schepker bei und lachte kurz auf, „so ist unsere Fenna, ständig legt sie sich mit Möbelstücken an oder fällt die Treppe runter. Aber das ist nun mal so, Jan, da musste dir nichts bei denken. Das war schon immer so, seit ich sie kenne, seit achtzig Jahren nämlich.“
Scherrmann räusperte sich vernehmlich, erwiderte aber nichts. Stattdessen wandte er sich den zahlreichen Kisten zu, die sich vor den Stellwänden stapelten. Auf jeder der Kisten stand in großen schwarzen Ziffern eine Jahreszahl oder ein Zeitraum. Er hatte sie gestern schon vorsortiert, jetzt mussten die Bilder und die dazugehörigen Bildunterschriften nur noch an ihren Platz geheftet werden.
„Na, dann legen wir mal los“, verkündete Lübbo Krayenborg, griff sich die erste Kiste mit der Aufschrift 1920-1932 und wuchtete sie mit einem lauten Stöhnen auf einen der Tische, die in der Mitte des Raumes standen. „So, Fenna, du gibst mir die Fotos und ich bringe sie an der Tafel an“, keuchte er und wischte sich mit einen Taschentuch aus blau kariertem Stoff die Schweißperlen von der Stirn.
„Ich würde auch gerne die Fotos anbringen“, sagte Fenna leise, „daran hätte ich großen Spaß. Weißt du, Jan“, fügte sie an Scherrmann gewandt hinzu, „ich bin schon ganz gespannt, was da alles in den Kisten zu finden ist. Ich habe ja mein ganzes Leben in Canhusen verbracht und bestimmt so einiges vergessen. Es war eine so großartige Idee von dir, diese Ausstellung zu machen, Jan. Erst gestern habe ich zu Johanns Frau Edith gesagt, dass …“
„Fenna, hör auf so viel zu brabbeln und gib mir endlich die Fotos“, brummte Lübbo und sah seine Frau finster an. „Die Geschichten, die du zu erzählen hast, interessieren Jan doch überhaupt nicht.“
„Doch, sicher interessieren sie mich, und ich fände es auch gut, wenn Fenna die Fotos …“, warf Jan ein, wurde aber durch den herrischen Tonfall seines Nachbarn sogleich wieder unterbrochen.
„Fenna, die Fotos, aber ein bisschen fix!“, brüllte Lübbo und sein Gesicht lief puterrot an. Er duldete keinen Widerspruch. Schlimm genug, dass nicht ihm die Idee mit der Fotoausstellung gekommen war, sondern Jan, einem Zugezogenen, der mit diesem Dorf so rein gar nichts zu tun hatte. Aber sich von ihm nun auch noch vorschreiben zu lassen, wer hier was zu tun hatte, das ging wirklich zu weit.
Mit viel Sorgfalt hefteten Lübbo und Johann die Bilder an die Stellwände, und zu beinahe jedem Foto, das sie in die Hände bekamen, hatten sie etwas zu sagen. Scherrmann hörte interessiert zu und stellte Fragen. So wäre es sicherlich ein ganz amüsanter Nachmittag geworden, wenn Fenna nicht so betont lustlos ihrer Aufgabe, ihrem Mann die Fotos zu reichen, nachgekommen wäre. Scherrmann wusste, dass sie sich sehr auf diesen Nachmittag gefreut hatte. Immer wieder hatte sie ihm das in den vergangenen Wochen gesagt, wenn sie ihm irgendwo über den Weg gelaufen war. Aber nun schien ihr aller Spaß vergangen zu sein, nachdem ihr Mann sie so unwirsch abgebügelt hatte. Scherrmann schenkte ihr immer mal wieder ein aufmunterndes Lächeln, aber sie reagierte darauf nur, indem sie den Kopf senkte und so tat, als wäre sie voll auf ihre Arbeit konzentriert.
Lübbo und Fenna hatten die erste Stellwand bestückt und machten sich nun an die Jahre 1946-1955, während Scherrmann und Johann Schepker noch mit der Zeit des Nationalsozialismus und dem 2. Weltkrieg beschäftigt waren. Fenna sah die vergilbten Schwarzweißbilder kaum an und schien völlig in Gedanken versunken. Umso erschrockener war Scherrmann, als sie plötzlich einen erstickten Schrei ausstieß, sich im nächsten Moment auf einen Stuhl fallen ließ und das Foto, das sie in ihrer Hand hielt, mit leichenblassem Gesicht und weit aufgerissenen Augen anstarrte, während sie die linke Hand auf ihr Herz presste.

 

  • 320 Seiten
  • Deutsch

Moin.

Vielen Dank, dass Sie sich für meine Bücher interessieren.

Ich wünsche gute Unterhaltung!

„Siegfried Lenz sagte einmal: “Man braucht keine Helden in einem Buch. Auch im Alltagsmilieu, beim Teetrinken kann die Welt explodieren.” (…) Sie beschreibt die Charaktere eines jeden Dorfbewohners so exakt und natürlich. Hier spüre ich nicht nur die Kompetenz, sondern auch die Liebe zu ihrer Heimat.“

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