Projekt Beschreibung

Späte Reue

der 31. Fall für Büttner und Hasenkrug

Worum es geht

Warum musste Lena, die langjährige Freundin seiner Tochter Jette, sterben?
Noch immer nicht ganz fit nach seinem schweren Herzinfarkt, wird Hauptkommissar David Büttner mit dem Tod einer jungen Frau konfrontiert, die er bereits seit Kindertagen kannte. Zunächst deutet vieles auf einen Selbstmord hin, doch tauchen plötzlich Indizien auf, die ein Tötungsdelikt vermuten lassen.

Neben anderen Verdächtigen ist es vor allem ein ominöser Motorradfahrer, der die Aufmerksamkeit der Ermittler erregt. Niemand in Lenas Umfeld will ihn kennen und doch scheint er in einer Beziehung zu ihr gestanden zu haben. Denn warum sonst sollte er eine rote Rose auf ihrem Grab ablegen?
  • E-Book
  • Taschenbuch

Leseprobe

Die Pastorin hatte die letzten Worte gesprochen und die allesamt noch sehr jungen Sargträger griffen nach den Tauen, um den Sarg in die Erde hinabzulassen. Susanne Büttner legte ihrer nun bitterlich aufschluchzenden Tochter Jette den Arm um die Schultern und drückte sie tröstend an sich.

Sie reichte Jette ein weiteres Papiertaschentuch, von denen sie in weiser Voraussicht mehrere Packungen eingesteckt hatte. Auch ihr selbst liefen Tränen die Wangen hinab, doch unternahm sie nichts, um sie wegzuwischen, sondern ließ ihrer Trauer freien Lauf, wie sie es in den letzten Tagen immer wieder getan hatte.

Genauso wie ihr und Jette schien es auch den meisten anderen Personen zu ergehen, die an diesem sonnigen Frühsommertag zur Beerdigung auf dem Friedhof an der Großen Kirche in der Emder Innenstadt erschienen waren. Das vielfach zu hörende unterdrückte Schluchzen schwoll hier und da zu einem hemmungslosen Weinen an, als nun die Schüler-Band des Gymnasiums zu spielen begann und die Sängerin gefühlvoll Haltet die Welt an sang. Ein junger Mann, der nicht zu wissen schien, wohin mit seinem Kummer, sank vor dem offenen Grab auf die Knie. Die Hände vors Gesicht gepresst, erbebte sein ganzer Körper unter Weinkrämpfen. Neben ihm ging eine junge Frau in die Hocke und strich ihm über den Rücken. Die wenigen Trauergäste, deren Augen auch jetzt noch trocken blieben, starrten mit versteinerter Miene auf den sich senkenden Sarg, einer von ihnen schien stumm etwas vor sich hin zu murmeln.
„Warum nur?“, hörte David Büttner ganz in seiner Nähe einen jungen Mann mit tränenerstickter Stimme fragen, als die Musik ein Ende fand. „Warum hast du das gemacht, Lena?“
„Gar nichts hat sie gemacht!“, wurde dieser Mann im nächsten Moment ebenso unerwartet wie lautstark von einer annähernd gleichaltrigen Frau zurechtgewiesen. „Niemals hätte Lena so was gemacht, hörst du, Lasse?! Niemals!“
„Aber die Polizei …“
„Scheiß auf die Polizei! Niemals hat sich Lena selbst das Leben genommen. Niemals!“
Um sie herum verstummte jedes Geräusch – als hätte jemand den Aus-Knopf gedrückt. Selbst die Vögel schienen in ihrem Zwitschern innezuhalten.
Büttner sah zu Lenas Eltern hinüber, in deren tränennassen Gesichtern nun eine Mischung aus tiefer Trauer und Hilflosigkeit stand. Auch sie suchten nach wie vor nach einer Antwort auf das Warum, das sie seit dem Tod ihrer Tochter umtrieb. Eine Antwort, die sie womöglich niemals bekommen würden. Für sie und ihre Angehörigen musste es die reinste Folter sein, mit all den Gerüchten und der zum Teil offen zur Schau gestellten Sensationslust in den konventionellen, vor allem aber in den sozialen Medien konfrontiert zu werden.
Ohne dass irgendwer ein Wort gesprochen hatte, stimmten die Musiker ein neues Stück an und unterbanden damit einen weiteren Schlagabtausch. Büttner seufzte erleichtert auf, hatte er doch befürchtet, dass es jetzt zu unschönen Szenen kommen würde.
Seit sie an jenem trübgrauen Morgen vor knapp einer Woche im Kommissariat die Meldung erhalten hatten, dass eine junge Frau in ihrer Wohnung mit einer Überdosis Schlaftabletten im Magen tot aufgefunden worden sei, rissen die Spekulationen um ein Verbrechen nicht ab. Er und sein Assistent Sebastian Hasenkrug hatten mit Unterstützung der Spurensicherung und der Gerichtsmedizin nach entsprechenden Hinweisen gesucht, doch ohne Erfolg. Also war der Tod der vierundzwanzigjährigen Lena Öltjes aus Emden, in deren Blut außer den Tabletten weder Alkohol noch Drogen gefunden worden waren, von der Staatsanwaltschaft als Selbstmord eingestuft und die Ermittlungsakte geschlossen worden.
Die Diskussionen und Spekulationen um ein Tötungsdelikt aber fanden trotz aller von der Polizei veröffentlichten Ermittlungsergebnisse mehr und mehr Zuspruch. Immer öfter war von polizeilichem Versagen oder gar Vertuschung die Rede. Wie Jette ihm erst am heutigen Morgen berichtet hatte, stritten sich in den sozialen Medien hunderte, wenn nicht gar tausende Menschen um die Deutungshoheit dieser Angelegenheit, nicht selten wurden sogar angebliche Verdächtige benannt, und das mit vollem Namen.
Büttner war daraufhin ganz mulmig zumute geworden, denn schließlich wäre es nicht das erste Mal, dass auf solch fehlgeleiteten emotionalen Schlammschlachten Selbstjustiz folgte. Er hoffte inständig, dass dieser Kelch an ihm vorübergehen möge. Nach dem Herzinfarkt, den er im Herbst im Kloster erlitten hatte, fühlte er sich noch immer nicht zu hundert Prozent wieder hergestellt, auch wenn ihn sein Arzt inzwischen gesundgeschrieben hatte. Seit nunmehr zwei Wochen ging er wieder seinem Dienst nach, was ihm spätestens seit dem Fall Lena als keine gute Idee erschien. Zwar hatte er sich während der langen Monate der Rekonvaleszenz nicht selten gelangweilt und sich zur Arbeit zurückgewünscht; hätte er jedoch gewusst, dass ihm zu seinem Wiedereinstieg der Tod einer der engsten Freundinnen seiner Tochter beschert würde, hätte er nur allzu gerne ein paar weitere Wochen zu Hause verbracht.
Bevor Jette zum Studium nach Bremen zog, war Lena im Hause Büttner ein häufiger und gern gesehener Gast gewesen. Die beiden Mädchen kannten sich bereits seit dem Kindergarten, hatten ihre gesamte Schullaufbahn gemeinsam bestritten und sich auch nach dem Abitur nicht aus den Augen verloren. Vor einem halben Jahr hatte Lena ihr Lehramtsstudium in Oldenburg beendet und ihre erste feste Stelle an dem Gymnasium angetreten, an dem sie und Jette die Hälfte ihrer Schuljahre verbracht hatten und an dem auch Susanne als Lehrerin tätig war. Entsprechend groß war bei allen der Schock gewesen, als sie erfuhren, wer das Opfer des nächtlichen Unglücks war.
Die Menschen, die nach etwaigen Suizidabsichten der jungen Frau befragt worden waren, hatten zu einhundert Prozent zu Protokoll gegeben, dass sie eine solche Verzweiflungstat bei der lebenslustigen Lena für absolut ausgeschlossen hielten.

  • 253 Seiten
  • Deutsch

Moin.

Vielen Dank, dass Sie sich für meine Bücher interessieren.

Ich wünsche gute Unterhaltung!

Spannend geschrieben. Ein Ende, mit dem man nicht gerechnet hat. Kurzweilig, wie alle anderen Bücher aus der Serie auch. Danke.

Weitere Bücher: