Projekt Beschreibung

Moorsmaragd

der 1. Fall für Wibben und Weerts

Worum es geht

Ostfriesland. Moordorf. Wir schreiben das Jahr 2016. Und wir schreiben das Jahr 1895. Gelingt es, in der Gegenwart ein Verbrechen aufzuklären, das weit zurück in der Vergangenheit geschah?

Als Ibbe Küppers im Sterben liegt, bittet er seine Nichte Hilke und deren Neffen Franziskus mithilfe eines Smaragdrings einen längst vergangenen Mordfall in der Familie aufzuklären.

Ihre Recherchen führen sie zum Landwirt Hannes Altinga, bei dessen Familie das mutmaßliche Opfer einst als Knecht beschäftigt war. Doch was geschah damals wirklich? War ihr Vorfahre tatsächlich Opfer oder nicht doch eher Täter? Woher kam das kleine Mädchen, das eines Nachts verlassen im Moor stand? Und was hat es mit dem verschlossenen Zimmer auf dem Hof der Altingas auf sich, das seit mehr als einem Jahrhundert niemand mehr betreten darf?

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Leseprobe

Moordorf, Winter 1894

Es kam vor, dass er fluchte, zeterte oder auch seinen Ärger aus sich herausschrie. Doch noch nie hatte sie ihren Mann Wübbo mit Tränen in den Augen gesehen.
Bis zum heutigen Tag.

Talea sah ihm hinterher, wie er in seinen löchrigen Schuhen den schlammigen, sich kaum von der Umgebung abhebenden Weg hinablief, die Hände tief in den Taschen seiner Hose vergraben, obwohl diese kaum Schutz vor Kälte und Feuchtigkeit boten.
Würde er wenigstens eine Taube mitbringen? Oder einen Hasen? Sie spürte, wie sich ihr Magen alleine beim Gedanken an etwas zu essen schmerzhaft zusammenzog. Und sie wusste, dass es auch in den nächsten Tagen, vielleicht in den nächsten Wochen so sein würde.
Schon so oft war er in den letzten Tagen losgezogen und doch stets mit leeren Händen wieder heimgekehrt. Es war, als hätten sich sämtliche Tiere aus diesem so unwirtlichen Lebensraum zurückgezogen. Aber wo auch sollten sie bei Frost und Schnee etwas zu fressen finden? Da erging es ihnen nicht anders als den Menschen. Womöglich würden sie ja nie wieder hierher zurückkehren. Wenn sie, Talea, die Wahl hätte, würde auch sie das Weite suchen. Aber sie hatte keine Wahl. Niemand hier im Moor hatte eine Wahl.
Ihr Blick fiel auf ein diffus schimmerndes Licht, das, obwohl es nur einen schwachen Schein ausstrahlte, heller schien als alle anderen Lichter in Moordorf. Wirkliche Helligkeit gab es hier nicht. Nicht in diesen Wintertagen.
Wie sehr sehnte sie sich danach, einfach diesem Licht zu folgen, an die Tür zu klopfen und Einlass zu begehren. Sie wusste, in dem kleinen Haus aus Backstein war es wärmer als in ihrer Hütte aus Lehm, nicht so klamm, und womöglich gab es dort heute sogar eine warme Mahlzeit. Doch selbst wenn die Nachbarn etwas zu essen hatten, dann war dies ganz sicher nicht für sie bestimmt. Denn Essen war knapp in dieser Zeit. Zum Teilen war da gewiss nichts übrig. Hier war ein jeder einfach nur froh, wenn er die Seinen durch den Winter brachte.
Als sich eine eisigkalte Windböe in ihrem mehrfach geflickten Kleid verfing, schlug Talea unwillkürlich die Arme vor der Brust zusammen und trat durch den niedrigen Eingang in die Hütte zurück.
„Warum weint Vadder?“, fiepte ihr die dünne Stimme ihrer knapp sechsjährigen Tochter Nomke entgegen.
Talea zuckte unmerklich zusammen. Sie hatte gehofft, dass ihre Kinder nichts von Wübbos plötzlichem Zusammenbruch mitbekommen hatten. Doch wie sollte in diesem kleinen Raum, der gerade einmal fünf Quadratmeter maß und den sie mit sechs Personen bewohnten, irgendetwas geheim bleiben?
„Vadder weint nicht. Es …“, Talea warf einen schnellen Blick auf die Feuerstelle, in der ein Torfklumpen glühte. Er gab mehr Rauch als Wärme ab. „Es ist der Rauch, der ihm die Tränen in die Augen treibt.“
„Vadder weint, weil er nix zu essen hat, stimmt’s?“, strafte der zehnjährige Ommo ihre Worte Lügen. „Er hat Hunger. Genauso wie wir. Darum weint er.“
Talea seufzte. „Ja. Er hat Hunger. Aber es geht ihm nicht um sich selbst. Er weint, weil er für euch nix zu essen hat.“
Die Kinder schwiegen. Es schien, als hätten sie längst keine Tränen mehr, um ihr Leid zu beklagen. Nur ab und zu mal hörte Talea ein Schluchzen, nachts, wenn ihre Kinder zu viert dicht aneinandergedrängt in ihrer Butze lagen und sich gegenseitig zu wärmen versuchten. Nun aber saßen Ommo, Leefke, Nomke und Jelto auf ihren grob gezimmerten Holzschemeln um den Tisch herum und starrten mit tief in den Höhlen liegenden Augen ins Leere. Die letzte Mahlzeit hatten sie am frühen Morgen gehabt, aus Buchweizenmehl gebackene Fladen. Die Kartoffelernte war in diesem Jahr denkbar schlecht ausgefallen, sodass nur noch ein kläglicher Rest blieb. Wenn sie nicht bald an etwas zu essen kamen, würden sie allesamt verhungern.

  • 307 Seiten
  • Deutsch

Moin.

Vielen Dank, dass Sie sich für meine Bücher interessieren.

Ich wünsche gute Unterhaltung!

„Der Sprung zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist gelungen. Ich war fasziniert und auch entsetzt von dem harten Leben im Moor. So unfassbar lange ist es noch nicht her, als Menschen in unseren Breitengraden unter widrigsten Umständen ums Überleben kämpfen mussten. Alles im allem spannende Unterhaltung mit viel ostfriesischem Flair.“

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